Vor einem Mikrofonkauf standen oder stehen sicher einige von euch vor der Frage: Lieber ein XLR- oder USB-Mikrofon? Aber wo liegen überhaupt die Unterschiede? Und welche Vor- und Nachteile gibt es in der Praxis? Und kurz vorab: Eine pauschale Antwort gibt es nicht, da es sowohl von persönlichem Geschmack, dem gesetzten Budget und den einzelnen Anwendungsszenarien abhängt. Wie ihr aber herausfindet, was für euch sinnvoller ist, das erfahrt ihr hier.
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Technischer Unterschied
Bevor wir zu den Vor- und Nachteilen der Anschlussarten kommen, schauen wir uns an, wo eigentlich der technische Unterschied liegt. Abgesehen vom optischen Unterschied werden hier nämlich vollkommen verschiedene Arten von Signalen übertragen.
Der XLR-Anschluss ist ein Industriestandard, der unter anderem für die Übertragung analoger Tonsignale genutzt wird. Und analog ist dabei das wichtige Stichwort. Wenn ihr in euer Mikrofon sprecht, bringt ihr üblicherweise eine dünne Membran zum Schwingen. Abhängig vom Mikrofontyp werden letzten Endes die Schwingungen der Membran in ein elektrisches Signal umgewandelt. Am Ende bekommt ihr, teils leicht aufbereitet durch die Schaltung im Mikrofon, ein mehr oder weniger schwaches analoges Signal, das über den XLR-Anschluss ausgegeben wird. Damit wir dieses Signal in den PC bekommen, muss es noch zwei weitere Stationen durchlaufen. Zum einen muss es verstärkt werden, da es so für den üblichen Gebrauch zu schwach ist. Deshalb geht es durch einen Vorverstärker, der es möglichst rauscharm auf einen für uns brauchbaren Pegel bringt. Zum anderen benötigt der PC zur digitalen Weiterverarbeitung auch ein digitales Signal. Also geht es weiter in einen A/D-Wandler, der aus dem immer noch analogen ein digitales Signal macht. Das kann nun über einen beliebigen Weg in den PC gespeist werden. Angeboten wird dafür meist USB-, Firewire oder Thunderbolt.
Bei einem USB-Mikrofon ist die Funktionsweise ehrlich gesagt… identisch. Es gibt nur einen wesentlichen Unterschied. Das komplette Prozedere vom Aufnehmen des Schalls über das Verstärken des Signals bis hin zur Umwandlung in ein digitales, erfolgt komplett unter der Haube des Mikrofons. Wieso nun die wilden Diskussionen, wenn es doch gleich ist?
Unterschiede in der Praxis
Im praktischen Einsatz gibt es doch ein paar mehr Unterschiede, die verschiedene Vor- und Nachteile mit sich bringen. Kommen wir also nochmal zurück zu den XLR-Mikrofonen. Der größte Vorteil ist, dass die komplette Signalkette modular hier ist. In kleinen Heimstudio-Setups wird auch hier oft nur das Signal des Mikrofons über XLR in ein Audiointerface oder Mischpult gespeist, in dem dann sowohl die Verstärkung als auch die Umwandlung in ein digitales Signal geschieht. Wenn wir wollen, können wir hier aber auch separate Geräte verwenden, die auf ihre einzelnen Aufgaben spezialisiert sind und eine Qualität bieten, mit denen die üblichen All-in-One-Geräte nicht mithalten können. Das heißt, wir können einen teuren Vorverstärker nehmen, diverse Effektgeräte dazwischenhängen, um das Signal für unseren Einsatzzweck aufzuhübschen, und erst im Anschluss in ein digitales Format überführen. Zudem können wir über entsprechende Aufnahmegeräte unzählige Mikrofone gleichzeitig aufnehmen, ohne uns Gedanken über die Synchronisierung machen zu müssen. Zu guter Letzt bieten spezialisierte Audiointerfaces heutzutage nicht nur ausgezeichnete Vorverstärkung und Effekte sondern auch sehr gute Treiber, die auf Stabilität und nierdige Latenzen hin optimiert sind, um dem Aufnahmealltag gerecht zu werden. Denn nur mit solchen Treibern ist es problemlos möglich, ein aufbereitetes Signal Live mit Effekten ohne wahrnehmbare Latenz zu hören oder auch Live beispielsweise auf der Bühne zu nutzen.
Das alles heißt im Umkehrschluss, dass USB-Mikrofone schlicht und ergreifend ein paar Einschränkungen haben, die aber teilweise ausgeglichen werden können. Zwar haben wir nachträglich keinen Einfluss auf den integrierten Vorverstärker oder Wandler, können aber statt einer analogen Bearbeitungskette die Nachbearbeitung digital regeln. Programme wie Voicemeeter Banana oder Cantabile bieten uns da eine Vielzahl an Möglichkeiten. Gerade günstigen USB-Mikrofonen mangelt es aber oft an ASIO-Treibern, die für Livebearbeitung mittels Cantabile und VST-Plugins benötigt werden. Aber auch da gibt es schon seit einigen Jahren abhilfe. So gibt es mit ASIO4ALL einen universellen ASIO-Treiber, der mit jedem Gerät funktioniert. Das ist zwar immer noch kein Vergleich zu guten Herstellertreibern, aber eine günstige Alternative. Zu bedenken bleibt aber immer, dass jegliche digitale Aufbereitung zu lasten der Performance geht. Je nachdem wie aufwendig eure Effektketten sind, kann der Prozessor relativ stark belastet werden. Für eine einfache Aufbereitung mit Equalizer und Kompressor hat aber so ziemlich jeder Rechner genug Ressourcen übrig.
Fazit
Fassen wir also nochmal zusammen:
XLR-Mikrofone
- modularer Aufbau der Signalkette mit vielen Optionen
- einfacher Betrieb von mehreren Mikros parallel
- meist gute Treiber für die Interfaces
- insgesamt kostspieliger
USB-Mikrofone
- funktionieren Plug&Play
- Oft keine speziellen Treiber vorhanden
- Aufbereitung kann Live auch digital Erfolgen
- tendenziell günstiger
Und wie sieht es klanglich aus? Nimmt man zwei identische Mikrofone, die sowohl als USB- als auch als XLR-Variante erhältlich ist, merkt man, dass die Mikros selbst identisch klingen. Leichte Färbungen kann es natürlich durch die verwendete Hardware geben.
Letzten Endes kann man aber mit beiden Gerätevarianten ans Ziel kommen. Was besser geeignet oder im Rahmen des Budgets liegt, hängt wie eingangs erwähnt von euch ab.