Das richtige Mikrofon für den Einstieg – Podcast / Let’s Play / Streaming / Youtube

Wer anfängt, sich mit einem der Themen aus den Bereichen Podcasting, Let’s Plays, Streaming oder Videoproduktion für Youtube im Allgemeinen zu beschäftigen, wird eher früher als später eine hochwertigere Alternative zum matschig blechernen Sound integrierter Mikrofone suchen. Doch nach ersten Recherchen wird man mit Optionen quasi erschlagen, denn: Mikrofone gibt es wie Sand am Meer.

Ich selbst habe mich über die Jahre in verschiedenen der oben genannten Bereiche versucht und als kleiner Technikfreak entsprechend viele Möglichkeiten durchprobiert. Aus dem Grund möchte ich hier für alle Einsteiger mal von meinen Erfahrungen berichten, um das richtige Mikrofon für die eigenen Zwecke zu finden.

Bevor es losgeht

Bevor es richtig losgehen kann, solltet ihr euch ein paar grundlegende Fragen stellen. Denn wie in den meisten Bereichen gilt hier: Wer billig kauft, kauft zweimal – wer nicht vorausschaut, ebenfalls.

Zudem solltet ihr vor dem Kauf diese Fragen berücksichtigen:

  • Was genau will ich aufnehmen?
  • Wie ist die Raumakustik?
  • Wie möchte ich das Mikrofon positionieren?
  • Benötige ich live-Soundoptimierung oder will zumindest das Postprocessing einsparen?
  • Was für einen Sound möchte ich erreichen?
  • Was benötige ich an weiterer Hardware neben dem Mikrofon?

Diese Fragen helfen uns zunächst einzugrenzen, welche Arten von Mikrofone in Frage kommen. Denn manche sind Bauart- bzw. Funktionsbedingt nicht für alle Einsatzzwecke gleich gut zu gebrauchen.

Verschiedene Arten von Mikrofonen

An dieser Stelle wird es nun schwierig. Es gibt so viele Unterarten, dass ich sie kaum alle hier aufzählen könnte. Deshalb breche ich die Liste auf die Charakteristika herunter, die eine entscheidende Rolle bei der Frage der Einsatzmöglichkeiten spielen.

Das Mikrofonprinzip: dynamisch oder mit Kondensator

Für die heimischen Sprachaufnahmen gibt es primär zwei Typen von Mikrofonen, die Verwendung finden. Das sind zum einen die dynamischen und zum anderen die Kondensatormikrofone.

Dynamische Mikrofone

  • relativ unempfindlich
  • eher niedriger Ausgangspegel (benötigt mehr Verstärkung)
  • zeichnen weniger Details auf
  • druckvollerer Klang
  • benötigen keine Phantomspeisung

Kondensatormikrofone

  • eher empfindlich (nehmen selbst kleinste Geräusche der Umgebung auf)
  • stärkerer Ausgangspegel (benötigt weniger Verstärkung)
  • zeichnen mehr Details auf und klingen zumeist klarer
  • natürlicherer Klang
  • benötigen Phantomspeisung (idR. +48V)

Im Aufnahmealltag müsst ihr an Kondensatormikrofone 10-15 cm herangehen. Dynamische vertragen oft 5cm und weniger. Hier gilt, je näher ihr dran seid, desto weniger Umgebungsgeräusche werden hörbar aufgezeichnet, da ihr schlicht und ergreifend lauter seid. Jedoch erhöht sich die Gefahr, dass insbesondere Plosivlaute wie „p“ und „t“ zu direkt auf die Membran treffen und das hört sich unschön an.

Der Anschluss: USB, XLR oder Klinke


Im wesentlichen begegenen uns diese drei Anschlussarten: USB, XLR oder Klinke. Dabei sagen diese nichts über die Qualität aus sondern bieteten Möglichkeiten beziehungsweise schränken sie ein.

USB

Ein USB-Anschluss am Mikrofon klingt für die meisten Leute erstmal am einfachsten. Das ist auch so. Diese Mikrofone sind meist auf Plug&Play ausgelegt. Nach dem Anschließen pegelt ihr das Mikrofon höchstens noch ein und schon kann eure Aufnahmesession beginnen. Klingt erstmal gut. Aber wo liegen die Nachteile?

USB bedeutet für euch, dass bereits im Mikrofon selbst die Unwandlung des analogen zu einem digitalen Signal stattfindet. Ihr bekommt also das fertige Signal an den Rechner geliefert. Damit könnt ihr die meisten Mikrofone nicht mehr an ein Mischpult oder ähnliche Geräte anschließen, da diese nach einem analogen Signal (zumeist über einen XLR-Anschluss) verlangen. Des Weiteren bietet nicht jedes USB-Mikrofon die Möglichkeit, den eingehenden Sound live abzuhören. Wenn das wichtig ist, muss also dringend auf einen entsprechenden Kopfhörerausgang geachtet werden, da die Windows-eigene Funktion eine zu starke Verzögerung hat.

Auch live-Bearbeitung wird bei USB-Mikros schwieriger. Da ihr nicht auf Mischpulte und Effektgeräte zurückgreifen könnt, bleibt hier nur der Weg über Software und das ist meist etwas unhandlich. Der einfachste Weg wäre da wohl ein Tool wie Voicemeeter Banana oder ein wildes Routing durch eine DAW, wo ihr all eure Lieblingseffekte reinbasteln könnt. Darauf gehe ich vielleicht ein andermal ein.

Der wichtigste Punkt ist allerdings: Vorsicht bei günstigen USB-Mikrofonen. Diese haben meist ein hörbares Grundrauschen und der Versuch das zu entfernen, beeinträchtigt in jeden Fall die Klangqualität.

XLR

Wer nach Mikrofonen mit XLR-Anschluss sucht, wird wirklich erschlagen. Bei diesem Anschluss handelt es sich um den defacto Standard in der Musikbranche. Mit diesem Anschluss findet ihr Mikrofone in allen Preiskategorien. Allerdings müsst ihr das Mikro ja auch irgendwo anschließen können und genau da liegt die Krux begraben. Ihr müsst neben dem Budget für das Mikrofon noch ein entsprechendes Gerät anschaffen, dass mit dem Stecker umgehen kann. Wenn ihr nach Kondensatormikrofonen schaut, muss ein solches Gerät zudem noch entsprechende Phantomspeisung liefern.

Jetzt gibt es manchen Naivling, der sagt: Kein Problem, ich hab ein XLR-zu-Klinke-Kabel gefunden. So einfach ist es dann doch nicht (immer). Kondensatormikrofone, die die meisten gerne haben wollen, funktionieren dabei nicht, da sie nicht mit Phantomspeisung gefüttert werden. Dynamische Mikrofone hingegen verrichten ihren Dienst. Erinnert euch jedoch an den nierdigen Ausgangspegel. Da muss ein guter Vorverstärker dran. Eine Onboard-Soundkarte würde euch da nur mit einem absolut verrauschten Signal beglücken.

Aus dem Grund kommen zumeist zwei Gerätegruppen in Frage. Ein Audiointerface oder ein Mischpult (mit gegebenenfalls eingebauten Interface). Auf die Frage ob Mischpult oder Interface bin ich bereits an anderer Stelle näher eingegangen und werde das hier entsprechend nicht weiter ausführen. Die Grundregel besagt jedoch nach meiner Erfahrung: Interfaces liefern mit Klangqualität fürs gleiche Geld, da sie weniger können müssen.

Wollt ihr nun Streamen beziehungsweise die Bearbeitung schon während der Aufnahme abhaken, bleibt euch neben der Software-Variante wie bei USB-Mikrofonen noch der Weg über Hardware. Ihr könnt euren Klang nach bedarf über ein Mischpult mit Equalizer und gegebenenfalls Kompressor aufpeppen oder über ein Interface, das einen entsprechenden Effektprozessor verbaut hat. Es gibt auch seperate Hardware, die nur für diese Aufgabe da ist. Da sind eure Möglichkeiten endlos – das nötige Budget vorausgesetzt.

Klinke

Die meisten klassischen Headsets und billigen Tischmikrofone verwenden einen Klinkenanschluss. Die Qualität ist meist mäßig und hängt insbesondere von einer guten Soundkarte ab. Onboard-Sound ist nahezu immer vollkommen verrauscht. Die Rauschentfernung hilft zwar, mindert die Qualität des übrigen Signals allerdings immens.

Auf der anderen Seite finden sich hier auch viele Kamera-Mikrofone wieder. Wenn ihr also ein Mikrofon sucht, das ihr direkt an eure Videokamera anschließen könnt und sich in der Regel außerhalb des Bildes befindet, werdet ihr auch wieder auf diesen Anschluss treffen. Hat eure Kamera ebenfalls einen eher verrauschen Eingang, hilft nur der Weg über ein externes Gerät wie einem Zoom H1 oder Ähnliches, das sich um eine Rauscharme aufnahme kümmert.

Von einigen Herstellern gibt es allerdings auch Headset- (ohne Kopfhörer) und Lavaliermikrofone, die diesen Anschluss verwenden. Die meisten verwenden jedoch herstellereigene Anschlüsse, die in Verbindung mit deren Funksystemen genutzt werden können.

Richtcharakteristik: Kugel, Niere, Super- & Hyperniere

Der zweite wichtige Punkt, der entscheidet, was ein Mikrofon alles aufnimmt, ist seine Richtcharakteristik. Die folgenden sind die, die euch am meisten begegnen werden:

  • Kugel: Nimmt alles rund um das Mikrofon herum auf
  • Niere: Nimmt alles, was sich Nierenförmig um das Mikrofon befindet auf (siehe Bild)
  • Super- & Hyperniere: nehmen weniger Schall von der Seite auf als die normale Niere, dafür reagieren sie eher auf Schall von der Rückseite des Mikrofons

Mikrofon mit Stativ, Tischmikrofon, Headset, Lavaliermikrofon…

Abhängig davon, was ihr machen möchtet, kommen einige Mikrofone auch rein optisch nicht in Frage. Während für Podcaster das Aussehen wohl eher zweitrangig ist, werden die von euch, die sich gerne vor die Kamera stellen möchten, noch mit weiteren Arten von Mikrofonen auseinandersetzen können. Neben den klassischen Großmembran- und Gesangsmikrofonen gibt es natürlich noch unauffällige Headsetgarnituren oder auch Lavaliermikrofone, die elegant an der Kleidung verschwinden können. Bei der Wahl der Mikrofonart spielt neben der optischen Komponente die Beschaffenheit eures Aufnahmeraumes eine tragende Rolle. Videomikrofone sind meist 1-2m von euch entfernt. Auch wenn diese Mikrofone sich durch eine starke Richtwirkung auszeichnen, landet meist ein beträchtlicher Anteil des Raumhalls mit auf der Aufnahme. Hier gilt: Die lauteste Tonquelle ist auch die präsenteste.

Wenn ihr also ein Lavaliermikrofon nehmt, seid ihr damit viel näher an der eigentlichen Tonquelle. Zwar haben die meisten Lavaliermikrofone eine Kugelcharakteristik, da es sich aber direkt am Körper befindet, ist der Raumhall eine ganze Ecke schwächer in der Aufnahme zu hören. Dieser Effekt verstärkt sich natürlich bei Headsetmikrofonen. Denn diese befinden sich direkt neben dem Mund und somit unmittelbar an der Tonquelle. Ob das Ganze noch Schick genug aussieht, müsst ihr allerdings selbst entscheiden. Ich würde jedoch ein unauffälliges hautfarbenes Headsetmikrofon einem verhallten Klang bevorzugen.

Frequenzen

Ein letzter wichtiger Indikator für die Aufnahmequalität, ist der angegebene Frequenzbereich, den ein Mikrofon aufnimmt. Der Frequenzbereich der menschlichen Stimme inklusive Obertönen liegt zwischen ca. 80 Hz bis 12 kHz. Insbesondere im Bereich von 8 kHz – 12 kHz befinden sich wichtige Frequenzen, die für Brillanz und Sprachverständlichkeit sorgen. Entsprechend ist es ratsam, darauf zu achten, dass Mikrofone mindestens das Spektrum bis 12 kHz, besser 15 kHz und mehr abdecken, da hier wertvolle Obertöne sein können, die für die gewollte Klarheit sorgen.

Was für ein Mikrofon soll ich nun letzten Endes nehmen?

Kurz zusammengefasst: Wollt ihr nur Aufnehmen oder kommt ihr für live-Bearbeitung mit nicht unbedingt optimalen Softwarelösungen klar und ist das Abmischen live nicht notwendig, kann ich jedem nur zu einem USB-Mikrofon raten. Dabei bekommt man schlicht und ergreifend die beste Qualität für verhältnismäßig wenig Geld. Meine Empfehlungen aus drei unterschiedlichen Preiskategorien wären:

Bei den Mikrofonen handelt es sich um Kondensatormikrofonen. Die Auswahl an dynamischen USB-Mikrofonen ist weit begrenzter. Meine einzige Empfehlung ist daher:

Bei XLR-Mikrofonen wird die Sache gleich etwas unübersichtlicher und es ist schwer, DAS Mikrofon zu finden. Hier solltet ihr schauen, wenn ihr live mehrere Signalquellen konfortabel an einem Mixer abmischen, externe Effekte nutzen oder einfach in eine ganze Ecke mehr in Qualität investieren wollt. Mir haben folgende Mikrofone in meiner Laufbahn zum Einstieg ganz gut gefallen:

Als dynamische Mikrofone, wenn ihr viel Raumhall oder Störgeräusche habt und sie deshalb sehr nah besprechen müsst oder eher auf druckvollen Klang wie im Radio steht, haben mir folgende stets gefallen:

Zu den XLR-Mikros sind auch immer passende Interfaces oder Mischpulte wichtig. Aus dem Bereich kann ich euch Folgendes ans Herz legen:

Soll es unbedingt ein klassisches Mischpult sein, sind folgende Geräte für den Einstieg gut geeignet:

Zuletzt gibt es noch eine Auswahl aus dem Bereich sonstige, die sehr gängig sind, wenn es um Videoaufnahmen geht, in der die Mikros unauffällig sein sollen:

Zu allen Geräten, zu denen ich ausführlichere Tests erstellt habe, habe ich diese natürlich verlinkt.

Das Wort zum Sonntag

Abschließend bleibt mir nur noch, den wichtigsten Tipp mit auf den Weg zu geben: Nicht jedes Mikrofon schmeichelt einer Stimme gleich gut. Wenn ihr die Möglichkeit habt, probiert die Geräte in einem Laden aus und überzeugt euch von der Klangqualität. Wundert euch jedoch nicht, wenn es sich nicht direkt wie bei euren Idolen anhört. Denn die setzen meist noch eine Menge Nachbearbeitung ein, mit der auch ihr den Klang nach euren Wünschen anpassen könnt. Die hier aufgeführten Mikrofone bilden auch nur einen winzigen Teil dessen, was es zur Auswahl gibt. Hier möchte ich euch jedoch nur die Empfehlen, die ich schon mal selbst ausprobieren konnte.

Einge der Mikros könnt ihr euch auch hier direkt anhören, wenn ihr auf Mikrofon Sound Samples geht.

In diesem Sinne: Viel Spaß bei der Suche nach eurem Mikrofon.

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Leidenschaftlicher Technikfreak mit einem Hang zu allem, was irgendwie multimedial ist.